Glaube verbindet – 30 Jahre Minderheitenwallfahrt auf dem Sankt Annaberg
Am Sonntag, dem 1. Juni, versammelten sich zahlreiche Gläubige auf dem Sankt Annaberg zur bereits 30. Wallfahrt der nationalen und ethnischen Minderheiten. Im Mittelpunkt stand in diesem Jahr das Leitwort: „Lasst uns an der Hoffnung, die wir bekennen, festhalten, denn Christus, der den Heiligen Geist verheißen hat, ist zuverlässig!“ (vgl. Apg 1,5.8; Hebr 10,23).
Seit drei Jahrzehnten ist der Wallfahrtsort ein Symbol für Begegnung, Glauben und kulturelle Vielfalt. Neben schlesischen Vertriebenenverbänden, Vertretern der deutschen Minderheit und regionalen Gruppen nahmen auch Roma-Vertretungen sowie zahlreiche Pilger aus Mitteleuropa teil – unter anderem aus Österreich, Deutschland und Tschechien. Viele von ihnen haben familiäre Wurzeln in Oberschlesien und nutzen die Wallfahrt als Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart.

Foto: Stefani Koprek
Predigt mit klarem Ruf zur Besinnung
In seiner Predigt betonte Bischof Andrzej Czaja die Bedeutung des Glaubens als Kraftquelle. Die Hoffnung, so Czaja, habe ihren Ursprung in der Liebe Gottes – einer aufopfernden Liebe, „deren Zeichen das Kreuz ist“, aber auch „einer Liebe, die mächtig und siegreich ist, wie sie im Licht der Auferstehung offenbar wird.“ Dabei erinnerte er auch an die geistliche Verantwortung: „Unsere Vorfahren haben von Generation zu Generation weitergegeben, dass der tiefste Sinn des menschlichen Lebens darin besteht, für die größere Ehre Gottes zu leben. Das dürfen wir nicht vergessen.“

Foto: Stefani Koprek
Begegnung über Generationen hinweg
Auch in gesellschaftlicher Hinsicht zeigte die Wallfahrt Wirkung. Rafał Bartek, Vorsitzender des Verbands der sozial-kulturellen Gesellschaften der deutschen Minderheit (VdG), hob hervor, wie sehr dieses Ereignis Generationen vereint: „Es ist ein schöner Anblick, wenn Großeltern, Eltern und Kinder an diesem besonderen Ort zusammenkommen. Dieses religiöse und kulturelle Ereignis bringt uns zusammen, stärkt die Familien, die Verbindungen – und auch unsere Strukturen.“

Foto: Stefani Koprek
Begleitet von zweisprachigen Liedern, Predigten und Gebeten – auf Deutsch, Polnisch und teilweise Romani – wurde die Wallfahrt zu einem vielsprachigen, lebendigen Ausdruck gelebten Glaubens. Die Mitwirkung von Organisationen wie der Schlesischen Selbstverwaltung (Śląscy Samorządowcy), der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (SKGD), der Akademischen Verbindung Salia-Silesia, dem Bund der Jugend der Deutschen Minderheit (BJDM) und der VdG-Medien verstärkte die gesellschaftliche Relevanz der Feier.
Eine Jugend, die mitgestaltet
Bischofvikar Peter Tarliński zeigte sich besonders erfreut über die starke Präsenz der Jugend: „Es war schön zu sehen, wie viele junge Menschen gekommen sind – etwa von Salia-Silesia oder aus Oberschlesien, wie eine Gruppe aus München, die jedes Jahr vertreten ist.“ Auch das Blasorchester mit 140 Musikern sorgte für eine festliche Atmosphäre.
In Bezug auf den Glauben sagte Tarliński: „Er ist eine tragende Säule, über dem Menschen stehend. Heute verlassen wir uns zu sehr auf Fertigprodukte – auch bei Informationen. Gruppen, die gemeinsam musizieren oder etwas aufbauen, geben jungen Menschen Raum zur Entfaltung.“

Foto: Arminius Ezer
Festival als kulturelles Highlight
Nach dem Gottesdienst begann das Festival der Kinder- und Jugendgruppen der deutschen Minderheit. In einem großen Festzelt präsentierten 24 Gruppen kreative Tanz- und Gesangsdarbietungen. Darunter auch die Band „Gosłowiki“ der Goslawitzer Grundschule, die unter Leitung von Direktorin Martina Osuchowski mit Liedern wie Ameno („Glaub an dich“) und Engel das Publikum berührte.

Foto: Arminius Ezer
„Ich bin nicht nur die Frau Direktorin – ich bin Partnerin und Freundin, wir machen Musik gemeinsam“, erklärte Osuchowski. Ihre Schülerinnen Marie und Olimpia erzählten begeistert von den intensiven Proben und ihrem Stolz über den gelungenen Auftritt. „Wir haben sehr oft geübt, sind morgens früh aufgestanden und haben viel gearbeitet, aber alles hat gut geklappt“, sagte Olimpia. Für sie ist das gemeinsame Musizieren nicht nur Vorbereitung auf Wettbewerbe wie „Superstar“, sondern auch ein Ausdruck von Freude und Zusammenhalt.
Eine Bühne für kulturelle Vielfalt
Auch Łukasz Jastrzembski, Bürgermeister von Leschnitz und Vorsitzender der Schlesischen Regionalpolitiker, betonte die Bedeutung des Jugendfestivals: „Die Vielfalt der Darbietungen – Tanzen, Singen, ältere und jüngere Kinder – zeigt, wie lebendig die deutsche Kultur ist. Es ist wichtig, diese Kultur sichtbar zu machen und zu feiern.“
Rafał Bartek, VdG-Vorsitzender: „Dieses religiöse und kulturelle Ereignis bringt uns zusammen, vereint die Familien, stärkt die Verbindungen und baut eine starke Gesellschaft auf.“
Neben ihm waren weitere Persönlichkeiten der deutschen Minderheit anwesend: Zuzanna Donath-Kasiura, stellvertretende Marschallin der Woiwodschaft Oppeln, Bernard Gaida, Sprecher der AGDM, sowie VdG-Vorsitzender Rafał Bartek.
Glaube als Fundament des Miteinanders
Die Wallfahrt wurde so nicht nur zu einem religiösen, sondern auch zu einem gesellschaftlichen Ereignis, das Hoffnung stiftet und Gemeinschaft stärkt. In einer Zeit gesellschaftlicher Spannungen ist die Wallfahrt ein stiller, aber kraftvoller Beweis dafür, wie Glaube verbinden kann – über Sprachen, Generationen und Grenzen hinweg.